16. September 2012: Höhere Gewalt mit 400 Kmh

Eigentlich könnten wir es heute kurz machen. Für uns zum erleben und für euch zum lesen. Die letzten Tage waren ja ziemlich dicht. Heute soll es nur von Samga zum Endziel unserer Reise, die Stadt Cheongju in der Mitte der koreanischen Halbinsel gehen. Der Tag startete mit starkem Regen, vor unserem strohgedeckten Häuslein ein See. Dann Taxifahrt nach Hancheon (wasserbedingt langsamer als auch schon, dafür Schwarzfahrt, denn der Taxometer lief nicht und die Noten verschwanden im Hosensack), dann 1 1/2 Stunden Busfahrt über Land = durchs Wasser. Wir waren weltsstolz, dass wir schon den Zielort Daeegu auf Fahrplan und Abfahrtsplatz lesen konnten. Da eine Stunde Aufenthalt, selber nächste Billete kaufen, auf dem Markt Reisrollen und fritierte Fische kaufen: das Gefühl total fremd zu sein lässt etwas nach. Dann 3 Stunden Expressbus nach Cheongju, eine Stunde davon durch die völlig verstopfte Millionenstadt. Der Blick in die Landschaft sehr nass-grau-grau-grau-grau. Die Fotos entsprechend. Überall das gleiche: die Talflächen landwirtschaftlich, vor allem mit Reisfeldern, total ausgenutzt, dazwischen Siedlungen und überall eine wahnsinnige, schwindelerregende, für uns planlos scheinende Bautätigkeit. Wie das wohl weitergehen soll. Energiefrage, Individualverkehr, staatliche Infrastruktur ?
Wir kamen um 16 Uhr an, dann total Navi-gesteuerte Taxifahrt zum Hotel Hill. 10,8 km an den Stadtrand, wo die Hügel beginnen. Der Taxifahrer schaute die ganze Strecke auf der rechten Hälfte des Navi- Bildschirms einen Girli-Love-Story-Film. Bei 10,8 km sagte das Navi (auf koreanisch): Ziel erreicht. Mitten auf der Ausfallstrasse. Navi neu programmieren. Einige hundert Meter weiter. Ziel erreicht. Haupteingang des Zoos !! Wir riefen verzweifelt unsere Chin Im an, deren Stimme am Ohr des Taxidrivers sehr energisch tönte. Noch einige hundert Meter weiter war doch unser Hotel. Hotel Hill. Total im Hill. Ein modernes Luxushotel, mit allem Komfort. Wir wurden vom Museumkurator Lee wärmstens willkommen geheissen und mit der Botschaft konfrontiert, ein starker Taifun rase auf die Halbinsel zu und das Festival werde erst danach aufgebaut, vielleicht am Mittwoch. Mann nimmt’s, wie’s kommt, das haben wir in der Zwischenzeit gelernt. Dafür die tröstliche Nachricht, unsere Box sei jetzt wohlbehalten hier. Ausschnauf und freu !
Nach dem Einpuffen lernten wir die andern Museumsdirektoren mit Entourage kennen: Gutenbergmuseum Mainz, Plantin-Moretus Antwerben, Tokyo Printing Museum. Gemeinsam wurden wir wieder in die Stadt taxichauffiert, in ein Luxusrestaurant, wo es ein tolles koreanisches Fischessen gab, hundert Platten und Schälchen. Zu eurer Ergötzung einige aufgezählt: rosa Ingwerscheiben, fritierte Süsskartoffel in Wasabi-Sauce, rohe Flunder auf Glasnudel, geräuchte Makrele, Algensuppe und rohe ‚Turbo-Meerschnecke‘ (so die Handy-Übersetzung meines koreanischen Tischnachbarn). Zu trinken gab es 1 Glas Wasser und dann nur noch 20% Luxusschnaps. Die Stimmung war ungezwungen, lustig und immer wieder voller Humor. Spätestens als der japanische Direktor und der koreanische Vizedirektor (der einladende koreanische Museumsdirektor war magenunpässlich) ‚Bombe‘ machten: ein grosses Bierglas bis unter den Schriftzug mit Bier füllen und dann bis über den grossen ! Schriftzug mit Schnaps füllen und dann: Ex ! Die Deutschen steigerten dann mit U-Boot und das wurde erst recht lustig, als der Koreaner sein Schnapsglas nicht mehr aus dem Bierglas rausbrachte und sich die leicht distanzierte Völkerverständigung zwischen Japan und Korea kurz vergass. Und dann brach man blitzschnell auf nach Hause. Der Taifun ist, obwohl noch weit weg, allgegenwärtig. 400 Kmh soll er erreichen und die Metereologen verzweifelnd am rechnen, wo er durchkommen wird. Wahrscheinlich voll auf die Insel. Der staatliche Krisenstab am Fernsehen beeindruckend. In der Nacht hat der Sturm den gesamten Fernsehempfang lahmgelegt. Samsungland mindestens 1 Tag ohne Fernsehen. Vediamo.

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