24. September 2012: Immer am andern Ende

Früh Tagwacht, dann Taxifahrt zum Busbahnhof. Es ist Montagmorgen, Lasaua (Koreanisch-Englisch für Rush-houre). Um 8 sind wir da, Frau Im löst für uns die Billette.  Die Fahrt im Express-Shuttle-Bus nach Incheon, dem neuen Flughafen von Seoul dauert zweieinhalb Stunden. Wieder in der Lasaua. Dann geht’s auf der Autobahn schneller, noch einmal durch dieses hügelig Land. Und dann nähern wir uns der Küste. Im flachen Meersand entstehen da neue Stadtteile, ja ganze neue Städte.

Und dann sind wir im Flughafen. Zeitlich mässig knapp, aber bei Gate B aus dem Bus gestiegen. Drinnen sehen wir, dass wir auf Gate M einchecken sollen. Ein knapper Kilometer Eilmarsch durch dieses drittelrunde Wahnsinnsgebäude von Flughafen. Dann funktioniert beim digitalen Einchecken das Lesen meines Passes nicht. Kein Personal, das weiterhelfen kann. Endlich kommt einer. Sieht das Problem sofort. Flüge mit Weiterverbindungen können nur am Schalter einchecken. Also anstehen. Geht schnell und speditiv. Dann noch unser koreanisches Handy abgeben. Der Schalter ist an Gate G. Eilmarsch zurück. Dann wieder an Eingang D (der ist bei Gate M hinten), durch den ganzen Sicherheitszirkus durch. Langsam wissen wir, wie’s geht. Bis es bei meinem Handköfferli pipst. „May I open ?“ Ja natürlich, ich hab ja nichts zu verbergen. Stück für Stück raus. Dann das Necessaire, zuerst das Riemenleder für das Rasiermesser. Mir wird kalt und heiss. Das Rasiermesser. Scheisse. Auf der Hinreise war’s ja im Flugkoffer. Ganz verschwitzt in der nächtlichen Eile. Kein Problem, alle sind hilfsbereit und freundlich. Ein Formular, 10 Stempel drauf, damit an Schalter M16 bei der Gepäckaufgabe, Messer in ein versiegeltes Hochsicherheitscouvert, wieder 10 Stempel, dann das ganze in eine spezielle Sicherheitstransportbox. Mein Messer muss nun also allein nach Zürich reisen. Ich zurück, darf durch den Personalschalter und Scanner durch. Wir sind zeitig beim Flieger.

Drinnen ist es stickig heiss. Irgendwann eine Ansage, die Klimaanlage sei defekt, werde erst in der Luft funktionieren. Was dann zwischendurch stimmte. Aber nur zwischendurch. Der Flieger total ausgebucht. Wir in der zweithintersten Reihe, Mittelfeld, die mittleren Plätze. Meine Gedärme melden sich wieder zu Wort. Während der 11 Stunden Flug mahlt sich der Theologe eine neue Form des Fegfeuers (lat. Purgatorium; Ort der Reinigung …) aus: Ein Flieger mit einer Sitzreihe von 10 Plätzen, OHNE Zwischengänge. Du mit dem Bauchgrimmen in der Mitte auf Platz 5 oder 6. Und solltest alle paar Minuten.

Nach dem Mittagessen plötzlich eine Bordansage des Personals. In 10 Minuten beginne eine koreanische traditionelle Hochzeit; das Personal sei dann während etwa einer halben Stunde nicht zur Verfügung der Passagiere. Und wirklich, da kommt der Zeremonienmeister mit der Ankündigung der Hochzeit, dann der Laternenträger zur Erleuchtung. Und dann die Braut, in festlichstem Brokat, das Gesicht für den Bräutigam noch verhüllt. Und dann der Bräutigam im prinzlichen Festgewand mit Jadegürtel. Und wir sind alle plötzlich Trauzeugen. Natürlich folgen dann die Fototermine. Auch der Suisa darf drauf. Und dem Bräutigam langes Leben wünschen. Bleibt nur die Frage, wie die Braut mit ihren zwei riesig langen, wunderschönen metallenen Haarnadeln den Metallscanner am Flughafen geschafft hat.

Und irgendwann waren wir dann in Europa zurück.

Vom stürmischen Frankfurt ging’s dann in einem Flugihupf nach Kloten, mit einem traumhaften Sonnenuntergang.

Das Land des Sonnenuntergangs hat uns wieder. Und in uns eine Sehnsucht nach dem Land des Sonnenaufgangs geweckt.

 

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